Funktioniert Recruiting mit Web 2.0 Mechanismen? Diese Frage hat mich schon länger beschäftigt. Da meine Unternehmung neue Projektmanager suchte, bot sich die Gelegenheit an, mal einen Praxistest durchzuführen. Die Anzeigen sind nahezu zeitgleich bei
veröffentlicht worden. Die Links führen zu den „HowTo`s“, die ich in den letzten Wochen veröffentlicht habe und wo ich meine Erfahrungen beim Publizieren der Anzeigen dargelegt habe. Wer die Vorlage noch mal sehen möchte, diese ist auf der Homepage unserer Unternehmensberatung nach wie vor Online.
Laufzeit waren jeweils 30 Tage.
Mir war dabei nicht nur der Aspekt der Ergonomie wichtig, sondern ich wollte wissen, was die Anzeigen bringen. Denn entscheidend ist nicht, ob nun ein Editor zur Verfügung steht, sondern was zählt ist: Response, Response, Response.
Um keinen Einfluss durch Wörter, Phrasen oder ähnliches zu haben, ist die Anzeige identisch publiziert worden:
Anzeigen im Vergleich
Lustiges Detail am Rande: Die Anzeige bei BranchOut ist mit 1293 Pixeln exakt genauso groß wie bei LinkedIn, ob da nicht jemand abgekupfert hat?
Für die Reichweite ist die Person, die sucht, auch sehr wichtig. Hier hatte ich bei Xing die größte Reichweite, gefolgt von LinkedIn und den kleinsten Einfluss hatte ich bei Facebook. Der Hinweis ist deswegen wichtig, da das die empirische Relevanz des Praxistests einengt.
Die Aufgabe
Gesucht wurden Projektmanager für eine kleine Unternehmensberatung in Berlin. Mindestvoraussetzungen waren akademischer Grad, mind. 3 Jahre Berufserfahrung im relevanten Bereich, Bereitschaft zur Reisetätigkeit.
Aber kommen wir zum Vergleich der Bereiche:
Der Preis der Anzeige
Die Kosten sind im Vergleich zu anderen Medien (Monster (1.178,10 für 30 Tage) oder der F.A.Z. (2.995 €), vergleichsweise gering:
Jobs Preise
Wobei angenehm auffällt, dass sowohl Xing als auch BranchOut günstigere Alternativen anbieten. Diese sind für Tests vielleicht interessant. Bei Xing handelt es sich um eine klickbasierte Variante (0,80 € per Klick) und bei BranchOut eine Alternative, wo die Anzeige nur dem eigenem Netzwerk bis ersten Grad angezeigt wird, aber das kostenlos.
Bezieht man den Preis auf den Response, ist Xing weit abgeschlagen. BranchOut auch, aber das hat noch großes Potenzial, da der Dienst erst wenige Monate alt ist.
Das Einstellen der Anzeige
BranchOut und LinkedIn sind hier recht ähnlich und bieten einen Standardeditor an, wie man ihn auch von WordPress oder eBay kennt. Bei Copy & Paste aus Word oder PDF bleiben Formatierungen (zumindest die Wichtigsten wie Schriftgrößen, kursiv und fett) erhalten.
Xing bietet weniger Komfort, man muss die Formatierung mit eigenen Zeichenelementen vornehmen. Bei herauskopieren aus Word, PDF oder html gehen Formatierungen verloren oder werden durch kryptische Blöcke ersetzt. Besonders schade ist, dass die Funktionalität des Tabulators komplett nicht vorhanden ist (verwendet man die Tab Taste, wandert man aus der Erstellbox heraus).
Die Rechnung
Bei LinkedIn bekommt man eine vernünftige Rechnung, die auch im Konto zu einem späteren Zeitpunkt neu ausgedruckt werden kann.
Bei BranchOut bekommt man nur eine Mail via PayPal, die als Rechnung reichen muss. Auch auf Nachfrage bekam man keine vernünftige.
Hier kann der deutsche Clone punkten, der als einzige eine nach deutschen EStG Recht konforme, digital unterschriebene Rechnung erzeugten.
Der Anzeigenverlauf
Während des Verlaufs kann man bei allen die Anzeige über verschiedene Kanäle promoten. Dieses sollte man auch tun, da die Social Media Kanäle einen entscheidenden Vorteil gegenüber den klassischen Recruiting Kanälen besitzen: Man erreicht auch Personen, die nicht gerade auf aktiver Suche sind. Und gerade hier sind ja besondere Perlen zu finden.
Twitter und Statusupdates bieten alle drei an.
Highlight bei Xing: Die Anzeige wird in thematisch angelehnte Gruppen automatisch in einer Box gepostet (leider war meine Anzeige erst auf der 56ten Seite in der Box meiner eigenen Gruppe).
LinkedIn bietet die größte Vielfalt, insbesondere, da man die Anzeige auch direkt bei Facebook posten kann.
Am wenigsten Funktionalität bietet BranchOut. Hier wird allein auf das Netzwerk bei Facebook allein verlassen.
Das Bewerben
Als einziger im Praxisvergleich bietet LinkedIn einen Bewerbungsprozess alá Monsters oder Stepstone an. Xing hat einen Button, der nur eine „MailTo“ Funktionalität besitzt. BranchOut bietet nicht mal das.
Die Statistik
Wer regelmäßig Anzeigen schaltet, weiß, dass man von der Masse sich dauerhaft abheben kann, wenn man trackt. Hier bietet Xing immerhin eine Statistik an, wie oft eine Anzeige aufgerufen wurde:
Xing Statistik
Allerdings auch nicht viel. Im Vergleich dazu LinkedIn:
Jobs Statistik LinkedIn
Hier bekommt man interessante Details. Am wichtigsten:
- Woher kamen die Betrachter meiner Anzeige
- Nach welchen Suchwörter suchten diese
- Von welcher Unternehmung kamen diese
BranchOut bot gar keine Unterstützung hierzu.
Übersicht: Einstellen und Ergonomie
Jetzt zum Resümee des ersten Bereiches. Am besten kann man den Vergleich ziehen, wenn man einen Benchmark zieht. Hierbei habe ich auf den Response verzichtet, da dieser hiernach noch gesondert aufgeführt wird:
Jobs Benchmark
Nach Punkten liegt LinkedIn ganz vorne, gefolgt von Xing und weit abgeschlagen BranchOut.
Der Response
Interessant ist, welcher Response erfolgte. Hierbei war BranchOut ganz klar benachteiligt, da ich bei Facebook kein großes Netzwerk besitze und BranchOut eine gesonderte Anmeldung benötigt.
Hier war ganz klar Xing im Vorteil, da ich hier (mit Abstand) die meisten Kontakte habe, und auch mein Forum zum Projektmanagement mit 44.000 Mitgliedern, in der ich die Anzeige beworben habe, ca. 10x größer als bei LinkedIn ist. Hier die Ergebnisse:
Jobs Response
wobei auffiel, dass ich bei Xing dafür Kontaktanfragen verstärkt in dem Zeitraum erhielt, insbesondere von Social Media Experten. In der Profilstatistik konnte man klar erkennen, dass diese über die Jobseite kamen. Was diese hierzu bewegt, ist mir rätselhaft.
Fazit
Einige Hinweise kann man aus diesem Praxistest durchaus ableiten. Für uns, als ITP kann man feststellen, dass sich vor allem LinkedIn lohnt. Allerdings scheine nicht nur ich auf dieses Ergebnis zu kommen, so sind sowohl für Daimler als auch BMW über 1.000 Anzeigen bei LinkedIn zu finden (wenn auch über die Kooperation mit Simply Hired), bei Xing und BranchOut nur Vereinzelte.
Durch vergleichsweise günstige Preise kann man sein Recruitingportfolio sinnvoll erweitern.
Für alle drei Anbieter gilt: Ohne Netzwerk wird es schwieriger und ohne flankierende Maßnahmen (Posting in anderen Gruppen, auf anderen Plattformen, twittern etc.) verpuffen die Anzeigen.
Sowohl nach Punkten in der Ergonomie, als auch beim Response konnte nur LinkedIn überzeugen. Wobei BranchOut eine interessante Alternative für Personen mit starken Netzwerk darstellt und insbesondere die „0 €“ Variante andere Anbieter unter Druck setzt.
Eine interessante Alternative bieten die Social Media Lösungen allemal und die Kosten bei den amerikanischen Lösungen rechtfertigen Experimente allemal.
Wir sind auf jeden Fall froh, über LinkedIn jemanden von einem großen, deutschen Telekommunikationskonzern abwerben zu können, und dass nach wenigen Wochen bei einem Anzeigenpreis von 73 €.